Der Windpark Holsthum im Eifelkreis Bitburg-Prüm (Rheinland-Pfalz) liegt knapp 20 Kilometer südwestlich von Bitburg. Er wird aus drei Windenergie-Anlagen vom Typ Vestas V150 mit 169 m Nabenhöhe und jeweils 5,6 Megawatt Nennleistung bestehen. Seit Mitte Februar 2024 liegt eine bestandskräftige Baugenehmigung vor, die Inbetriebnahme ist im ersten Halbjahr 2026 geplant.
Ab Mitte 2025 werden die Arbeiten zum Bau der Infrastruktur laufen – wie kam es dazu, dass JUWI nun vorab schon umfangreich nach archäologischen Schätzen suchen muss?
Joey Yeoman: Das ist eine lange Geschichte. Kurz erzählt: Wir sind seit über zehn Jahren an diesem Projekt dran. Lange war nichts möglich, da der Projektstandort in einem Naturpark liegt. Erst als die Gemeinden vor einigen Jahren einen Bebauungsplan für das Vorhaben aufstellten, konnten auch wir hier wieder aktiver werden. Bei der B-Plan-Aufstellung wurden dann wie üblich verschiedene Träger öffentlicher Belange (TöB) beteiligt, unter anderem die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) als Denkmalfachbehörde. Die GDKE ist eine Obere Landesbehörde des Landes Rheinland-Pfalz, die dem Ministerium des Innern und für Sport untersteht.
Und die GDKE vermutete am Standort wichtige Spuren vergangener Zeiten?
Richtig, die GDKE hat sehr frühzeitig Bedenken angemeldet, da dort in der Vergangenheit schon einige Oberflächenfunde gesichtet wurden, also Scherben, Mauersteine usw. Wir konnten uns dann darauf verständigen, vor Baubeginn alle benötigten Flächen untersuchen zu lassen, um mögliche, undokumentierte Zerstörungen beim Bau selbst zu vermeiden. Insgesamt sprechen wir hier über eine Fläche von rund 3,5 Hektar, die während des Baus der drei Anlagen – und sei es nur temporär – genutzt wird. Theoretisch hätte man das auch in der Bauphase machen können. Aber wir haben das zeitlich vorgezogen, um uns beim Bau nicht in die Quere zu kommen und auch die Risiken für den Projektzeitenplan zu reduzieren.
Wie untersucht man denn so eine Fläche?
Zunächst haben wir eine sogenannte „magnetische Prospektion“ von einem Fachgutachter unternehmen lassen. Das Ergebnis war unspektakulär, stand damit aber im Widerspruch zu den vielen bisherigen Oberflächenfunden, die aus der Zeit der Römer, aus der Bronzezeit und der Jungsteinzeit stammen sollen. Daraufhin haben wir einen Vertrag mit der GDKE abgeschlossen, so dass die Behörde ein halbes Jahr lang mit sechs Personen dort den Boden untersuchen kann. Dafür schieben wir den Mutterboden bis zu einer Tiefe von rund 30-40 Centimeter ab, in der Summe über 10.000 Kubikmeter. Das sind etwa 1.000 Lastwagen-Ladungen. Den Boden unter dem Mutterboden können die Mitarbeiter*innen der GDKE dann untersuchen.
Und wurde was gefunden?
Ja, zunächst einmal gibt es einige Befunde mit Hinweisen auf Siedlungsspuren, vermutlich aus der Bronzezeit, d.h. von ca.2.200 bis 800 vor Christus. Im Wesentlichen waren das Holzreste, Kohle aus Feuerstellen etc. Einiges wird nun eingeschickt und im Labor genauer mit Blick auf das Alter untersucht. Es wurden aber auch Mauerrestegefunden, die möglicherweise der Unterbau eines römischen Fachwerkhauses waren.
Können die Funde denn das Projekt auch verhindern?
Nein, das ist ziemlich ausgeschlossen. Hier geht es ausschließlich darum, Funde zu bergen und vor der möglichen Zerstörung während des Baus zu dokumentieren. Nach Abschluss der Untersuchungen wird der zwischengelagerte Boden wieder vor Ort ausgebracht, die beteiligten Landwirte werden bei möglichen Ernteausfällen entschädigt, und wir können mit dem eigentlichen Bau starten.
Was wird denn diese Untersuchung im Windpark Holsthum kosten?
Joey Yeoman: In Summe sprechen wir hier über rund 450.000 Euro für die benötigten Personalkosten der GDKE und die Sachkosten, zum Beispiel für die Baumaschinen, Bürocontainer und die Zwischenlagerung der Erde. Hinzu kommen Kosten für die vorgezogene Rodung, den Kampfmittelräumdienst und Ernteausfallentschädigungen an die betroffenen Landwirte. Auch sog. CEF-Maßnahmen, die vor dem Eingriff bereits umgesetzt sein müssen, verursachen nun deutlich früher als im Projektverlauf geplant Kosten. Bei CEF-Maßnahmen handelt es sich um Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion (continuous ecological functionality). Sie werden im Bereich des Artenschutzes als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen verstanden.
Und wie bewertest Du die Anforderungen der Behörden?
Auf Grund der hohen Kosten ist es sehr wichtig, unter Berücksichtigung aller Interessen einen maßvollen Weg zu finden, archäologische Hinterlassenschaften zu bergen und zu dokumentieren und gleichzeitig die Projekte nicht zu sehr zu belasten.
Alles in allem haben wir hier mit den Behörden ein sehr lösungsorientiertes Vorgehen erreicht. Besondere Funde lassen aber tatsächlich bislang noch auf sich warten.
Quelle: JUWI
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