Im letzten BetreiberBrief haben wir Sie über planungsrechtliche Restriktionen beim Repowering von Windenergieanlagen und mögliche Lösungsansätze informiert. Worauf Betreiber beim Repowering besonders achten sollten und wann der richtige Zeitpunkt für den Planungsbeginn ist, beantwortet Carsten Hoch, Projektleiter Repowering bei juwi, im Interview.
Welche Anlagen können überhaupt repowert werden?
Wenn wir von Repowering sprechen, meinen wir das komplette Ersetzen älterer Windenergieanlagen durch moderne, größere und vor allem leistungsstärkere Anlagen. Dank den Fortschritten in der Anlagentechnik erzeugt eine moderne Anlage aktueller Baureihe ein Vielfaches an Leistung verglichen mit einer Anlage, die etwa vor zehn oder 15 Jahren in Betrieb genommen wurde. In vielen Fällen ist der Ersatz von Anlagen nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung, also nach 20 Jahren Betriebszeit, am wirtschaftlich sinnvollsten.
Ob allerdings ein Repowering am Standort überhaupt möglich ist, hängt von vielen Themen ab, die gleich zu Beginn zu prüfen sind: So kann es etwa sein, dass nur noch für den Betrieb Bestandschutz besteht und die Errichtung von neuen Anlagen aufgrund planungsrechtlicher Vorgaben nicht möglich ist. Weitere Restriktionen wie Abstände zur Wohnbebauung, ausreichender Platzbedarf für die größeren Windenergieanlagen und naturschutzrechtliche Belange sind ebenfalls Punkte, die eine entscheidende Rolle bei der Genehmigungsfähigkeit des Standorts spielen und im Vorfeld geprüft werden müssen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um das Repowering anzugehen?
Hier spielen viele Faktoren eine Rolle: Das Planungsrecht, die Wettbewerbssituation, die Strompreisentwicklung und auch der technische Zustand der Anlagen. Hinzu kommt die zeitliche Dimension. Denn Genehmigungsverfahren samt entsprechenden Voruntersuchungen dauern heute oft drei- bis viermal so lange wie vor zehn oder 15 Jahren. Meistens vergehen vier bis fünf Jahre von der Projektidee bis zur Genehmigungsreife des Windparks, in einigen Fällen kann es auch länger dauern. Da haben sich dann oft aber auch schon wieder die Rahmenbedingungen überholt. Daher sollten Betreiber spätestens im 15. Betriebsjahr mit den vorbereitenden Maßnahmen beginnen.
Welche Anträge und Genehmigungen brauchen Betreiber für das Repowering?
Der Ersatz von alten durch neue Anlagen verursacht bei Betreiber und Projektierer den gleichen, wenn nicht sogar einen noch etwas höheren Aufwand, als bei einer Greenfield-Planung (Neubau-Planung) für ein neues Windrad an einem neuen Standort. Leider gibt es keine wesentlichen Erleichterungen oder ein abgespecktes Verfahren für Repowering-Projekte. Der Umfang richtet sich auch hier nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) und die Antragsunterlagen füllen in der Regel mehrere Aktenordner. Jahrelange Planungen, Offenlagen, Klagen, Überarbeitung, verworfene Flächennutzungspläne und beklagte Regionalpläne machen es Projektentwicklern derzeit in allen Bundesländern schwer, die Windkraft in dem Maße voranzubringen, das wir zur Erreichung der Klimaschutzziele benötigen.
Wenn sich Windräder an einem Standort seit 20 Jahren drehen, sollte das nach unserer Ansicht im Genehmigungsverfahren positiv berücksichtigt werden, denn für die Windräder am Repowering-Standort wurde ja bereits in der Vergangenheit eine Genehmigung ausgestellt. Auf dieser Basis könnte der geforderte Untersuchungsumfang reduziert werden. Der Effekt des Rückbaus der bestehenden Windräder sollte in allen Bereichen des Genehmigungsverfahrens einheitlich berücksichtigt werden, insbesondere beim Thema Vogelschutz. Zudem sollte es bei der Ausweisung von geeigneten Flächen im Repowering-Fall keine Mindestabstandskriterien oder beschränkende Ausschlusswirkungen geben, sondern im Wesentlichen die Vorgaben des BImSchG relevant sein.
Müssen Betreiber sich an einen Projektierer oder ein Planungsbüro wenden? Ist es sinnvoll, Angebote zu vergleichen?
Das Genehmigungsverfahren nach BImSchG ist mittlerweile sehr umfangreich und komplex. Daher macht es in vielen Fällen Sinn, einen Projektierer zu beauftragen, der ein Team aus Experten für den Umgang mit den verschiedenen Spezialthemen im Haus hat. Das erhöht die Umsetzungswahrscheinlichkeit deutlich. Zudem muss der Betreiber nicht in Vorleistung gehen und minimiert so sein Projektrisiko für den Fall einer nicht erteilten Genehmigung. Auch über die Wirtschaftlichkeit des Projekts muss er sich keine Gedanken machen. Das Risiko liegt beim Projektentwickler. Daher ist es auf jeden Fall ratsam, sich kompetente Hilfe in Form eines Projektentwicklers mit ausreichend Repowering-Erfahrung ins zu Boot holen.
Welche Anlagentypen können verwendet werden?
Prinzipiell gibt es wenige bis keine Besonderheiten beim Repowering. Wir empfehlen Anlagenbetreibern, sich ein Windparklayout mit verschiedenen Anlagentypen gegenüberstellen zu lassen und die Wirtschaftlichkeits- und Betriebsdauerprognosen zu vergleichen. Hierbei sind standortspezifische Gegebenheiten wie Höhenbegrenzungen oder die Geographie vor Ort für die Wahl des Anlagentyps wichtig und zu berücksichtigen.
Müssen Repowering-Anlagen an den Ausschreibungen teilnehmen?
Ja. Repowering-Anlagen werden wie Greenfield-Entwicklungen behandelt und müssen sich dem Wettbewerb stellen. Umso wichtiger ist es, dass die Repowering-spezifischen Zusatzkosten, die durch das Altprojekt entstehen, minimiert werden.
Müssen Verträge wie Pacht, Service und Wartung, Gutachter usw. neu ausgehandelt werden? Was muss dabei besonders beachtet werden?
Die neuen Windräder sind ein eigenes Projekt, das sich an das alte Projekt anschließt. In vielen Fällen werden sich die Anlagenstandorte auch ändern und in jedem Fall die Anlagentypen. Die Gutachten müssen, basierend auf der aktuellen Planung, dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und somit neu erstellt werden.
Kann die bestehende Infrastruktur wie zum Beispiel Netzanschluss und Leitungen weitergenutzt werden?
In den meisten Fällen erhöht sich durch den neuen Windpark die eingespeiste Strommenge, so dass beispielsweise andere Kabelsysteme benötigt werden. Zu prüfen ist daher auch, ob der alte Netzeinspeisepunkt aus technischer und wirtschaftlicher Sicht weitergenutzt werden kann. Vorhandene Wege können unter Umständen bestehen bleiben oder können gegebenenfalls um zusätzliche Ausbaumaßnahmen ergänzt werden.
Was passiert mit den Altanlagen?
Das ist vom Anlagentyp abhängig. Unser Unternehmen hat bisher über 100 Anlagen ins Ausland zur weiteren Nutzung verkaufen können. Aufgrund der Menge der Anlagen, die in den nächsten Jahren zurückgebaut werden, ist dies nicht mehr für alle Anlagentypen möglich. Insbesondere für die Anlagen kleiner 1,5 Megawatt wird es schwierig, Käufer zu finden, wobei dies auch abhängig ist vom Anlagentyp und vom Zustand der Anlage. Ist der Komplettverkauf nicht möglich, können Teile der Anlage als Ersatzteile verkauft werden. Die restlichen Komponenten werden recycelt.
Grundsätzlich: Worauf sollten Betreiber beim Repowering besonders achten?
Die Erfolgsaussichten für die Repowering-Planung im Vergleich zur Greenfield-Planung sind nahezu identisch, da es beim Genehmigungsverfahren keinen wesentlichen Unterschied macht, ob sich auf dem Standort seit 20 Jahren Windräder drehen oder auf der grünen Wiese geplant wird. Zudem macht der gestiegene Platzbedarf für größer werdende Windenergieanlagen bei zunehmend eingeschränkt nutzbaren Flächen die Planungen nicht einfacher. Abstände zur Wohnbebauung, neu ausgewiesene Wohnflächen oder Höhenbeschränkungen sind weitere limitierende Faktoren. Daher empfehlen wir, dringend eine Vorab-Prüfung dieser Themen durchführen zu lassen.
Entscheidend für den späteren Projekterfolg ist zudem, die Interessen aller Projektbeteiligten wie Betreiber, Grundstückseigentümer, Bürger und Behörden zu berücksichtigen. Unserer Erfahrung nach ist die Akzeptanz und der Wille der Bürger, die Energiewende zu unterstützen, an bestehenden Standorten oft größer als bei neu ausgewiesenen Flächen – man kennt die Technik und hat sich daran gewöhnt. Mit weniger Anlagen mehr sauberen Strom erzeugen, das sollte eigentlich ein Selbstläufer werden. Ist es unter den aktuellen Bedingungen aber leider nicht.
Vielen Dank für das Gespräch!
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