Herr Lorenzen, wie können Sie als deutsches Service-Unternehmen in den USA erfolgreich sein?
Lorenzen: Das ist nicht so leicht, denn wir haben hier in der Tat einen ganz anders strukturierten Markt. Die 25 größten Windenergieunternehmen betreiben rund 40 % aller Anlagen in den USA. Das ist also weit konzentrierter als in Deutschland. NextEra als größter Betreiber hat fast 16.300 MW, RWE als sechstgrößtes Unternehmen verfügt laut ACP immer noch über 4.300 MW. Diese Unternehmen bauen oft intern eine Serviceeinheit auf und bieten die O&M-Dienstleistungen dann teilweise auch für externe Windparks an. Dazu kommen die Hersteller, die ihr Servicegeschäft längst über ihre eigenen Anlagentypen hinaus auch auf Fremdfabrikate erweitert und somit ebenfalls einen Multibrand-Ansatz entwickelt haben. Die Konkurrenz im Service-Segment ist aufgrund der verschiedenen Anbieter deutlich stärker als in einigen europäischen Märkten.
Sie geben an, dass Sie 2020 Wartungsverträge über einen Anlagenbestand von mehr als 1.000 MW abgeschlossen haben und auch 2021 in dem Rahmen weiter wachsen werden. Wie schaffen Sie das?
Lorenzen: Unser Fokus liegt auf qualitativ hochwertiger Arbeit im Feld und radikal transparenter Kommunikation mit unseren Kunden. Das findet man so sonst nicht im Markt. Wenn Schäden auftreten, neigen viele Serviceanbieter dazu, die Details der Schäden eher zu verschleiern. Aus ihrer Sicht macht sie das für die Kunden unverzichtbar. Wir bringen dagegen unsere Ingenieure mit den Kunden an einen Tisch und legen die Karten offen. Wir sind auch bereit, sehr eng mit den Kunden zu „partnern“: etwa in dem Sinne, dass die Kunden weiter ihre Fernwartung betreiben und erst einmal selbst auf einfache Fehler reagieren, bevor sie das Problem dann an uns weitergeben.
Wie kommen Sie mit den großen Entfernungen in den Südstaaten zurecht?
Lorenzen: Grundsätzlich ist unser Setup möglichst dezentral ausgerichtet, um nah an unseren Kunden und Mitarbeitern zu sein. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Operations, Arbeitssicherheit und Qualitätswesen. Für Spezialteams, die bei dem Austausch von Großkomponenten zum Einsatz kommen, haben wir im Norden von Texas einen Standort. Von dort können unsere Windparks im Sü- den und Westen relativ gut angefahren
werden.
Und die laufende Wartung?
Lorenzen: Das machen feste Teams, die einzelne Windparks betreuen und dort permanent stationiert sind. Dazu müssen Sie die Dimensionen bedenken: Der kleinste Park, den wir betreuen, hat 38 Anlagen, der größte 221. Da lohnt es sich, ein lokales Management inklusive Lagerverwaltung zu haben, das jeden Tag von zu Hause aus die Windparks anfährt.
Wie stellen Sie sicher, dass das gute Leute sind? Auf ein System der Facharbeiter können Sie nicht aufsetzen.
Lorenzen: Ich bin mir sicher, dass wir als Deutsche Windtechnik branchenweit den stärksten Fokus auf Ausbildung, Feldtraining und eLearning haben. Wir bringen Leute, die von der Schule kommen, und auch Senior-Monteure durch unsere eigene Ausbildung und haben für die Anlagen vieler Hersteller ein enormes Wissen aufgebaut. Die Monteure vor Ort bekommen eine spezifische Dokumentation für alle Arten von Störungen vor Ort. Diese ist strukturiert wie ein Kochbuch, mit dem sie in detaillierten Schritten und mithilfe vieler Bilder Tätigkeiten sicher durchführen können.
Das schafft Sicherheit und Qualität. Plus natürlich die Möglichkeit, dass die Leute vor Ort sich direkt mit den rund 100 Ingenieuren kurzschließen, die weltweit
bei uns arbeiten.
Wo sehen Sie die US-Niederlassung in fünf Jahren?
Lorenzen: Konservativ gerechnet sind wir dann bei 4–5 GW, also etwas größer als heute in Deutschland, und werden hier in den USA etwa 500 bis 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich OnshoreWind haben. Offshore ist ein Feld mit großem Potential an der Ostküste der USA, das gerade erst erschlossen wird. Die Parks sind bereits geplant, doch die Gespräche über Serviceverträge und deren Marktverteilung stehen noch aus. Der andere Bereich sind Installation und Instandhaltung von Batteriespeichern – ein Segment, in dem wir weiter stark wachsen möchten. Wir erwarten, dass zunehmend hybride Projekte mit PV, Wind und Speichern gebaut werden, bei denen wir unsere Kunden als ganzheitlicher Partner für die Instandhaltung unterstützen. Durch eine starke Ingenieursbasis insbesondere in unserem deutschen Markt haben wir hier gegen- über anderen lokalen Anbietern deutliche Vorteile.
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