Weltweit verbrauchen Industrieanlagen wie Stahlwerke oder auch Raffinerien jährlich etwa 500 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff, der bisher zu 95 Prozent aus der Reformierung von Kohle und Gas gewonnen wird. Zuletzt starteten jedoch drei Forschungsprojekte zur Dekarbonisierung der Stahlerzeugung. Im Februar 2017 erhielt ein Konsortium um den österreichischen Stahlkonzern Voestalpine den EU-Fördermittelbescheid für das Projekt „H2Future“. Langfristiges Ziel ist, den Einsatz von Kohle und Koks in der Stahlherstellung durch „grünen“ Wasserstoff zu ersetzen. Dazu wird auf dem Werksgelände in Linz 2018 ein Elektrolyseur errichtet, der mit Ökostrom betrieben wird und Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Binnen Jahresfrist soll der Testbetrieb starten. Die Anlage von Siemens mit 6 MW elektrischer Eingangsleistung erzeugt pro Stunde 1.200 Kubikmeter Wasserstoff und ist damit eine der größten dieser Anlagen weltweit.  

Auch der Stahlkonzern Salzgitter-Mannesmann verfolgt an seinem niedersächsischen Standort entsprechende Pläne. Im Juni installierte dort der Anlagenhersteller Sunfire eine Dampf-Elektrolyse mit 150 kW Eingangsleistung und 40 Kubikmetern Wasserstoff-Produktion in der Stunde. Die Anlage hat einen besonders hohen elektrischen Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent, da Wasserdampf anstelle von Wasser gespalten wird. Der Dampf kommt aus der Abwärme der Stahlhütte. Der Elektrolyseur lässt sich zudem bei Bedarf reversibel betreiben. Das heißt, er erzeugt dann nicht Wasserstoff aus Strom, sondern Strom aus Wasserstoff, wie eine Brennstoffzelle. In der dreijährigen Laufzeit des Forschungsprojekts „GrInHy“ soll die Anlage mindestens 7.000 Betriebsstunden jährlich laufen und ihre technisch-ökonomische Machbarkeit unter Beweis stellen.

Bundesregierung will Sektorkopplung stärken

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt das deutsche Projekt „Carbon2Chem“. Am Standort von ThyssenKrupp in Duisburg soll grüner Wasserstoff mit dem Kohlendioxid aus den Stahlwerken verbunden und zu Kraftstoffen, Kunststoffen und Dünger weiterverarbeitet werden. Mit dem Carbon2Chem-Ansatz könnten laut Bundesforschungsministerium jährlich 20 Mio. Tonnen CO2 oder 10 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen der deutschen Industrie und des verarbeitenden Gewerbes eingespart werden. An dem auf zehn Jahre angelegten Projekt beteiligen sich 17 Partner aus Industrie und Wissenschaft. Der Bund steuert bis 2025 mehr als 60 Mio. Euro Förderung bei, die Industrie mehr als 100 Mio. Euro. Bei kommerzieller Reife will sie mehr als 1 Mrd. Euro investieren. 

Voraussetzung für den industriellen Einsatz ist, dass genügend preiswerter Ökostrom für die Elektrolyse zur Verfügung steht. Als größtes Hindernis erweist sich, dass Strom im Vergleich zu Kohle, Öl und Gas mit viel mehr Steuern, Abgaben und Umlagen belastet ist. Deshalb drängt die Branche auf eine Entlastung von EEG-Umlage und Netzentgelten. Die neue Bundesregierung verspricht in ihrem Koalitionsvertrag Abhilfe. Sie will demnach die Sektorenkopplung voranbringen und den regulativen Rahmen so ändern, dass grüner Wasserstoff als Kraftstoff oder für die Herstellung konventioneller Kraftstoffe genutzt werden kann. Der neue Netzentwicklungsplan 2030 vom Dezember 2017 berücksichtigt erstmals Power-to-Wasserstoff-Anlagen, im Umfang von bis zu 2.400 MW. Diese Anlagen konzentrieren sich auf Industriestandorte mit entsprechendem Wasserstoffbedarf.