Die Bundesregierung plant, die Stromversorgung im Jahr 2035 nahezu vollständig aus Erneuerbaren Energien (EE) zu beziehen. Bereits im Jahr 2030 sollen daher 80 Prozent des verbrauchten Stroms aus EE stammen. Aufgrund eines Anteils von 42 Prozent am Bruttostromverbrauch im Jahr 2021 muss die Stromerzeugung von derzeit knapp 240 TWh auf 600 TWh im Jahr 2030 erhöht werden.1

Eine weitere Verzögerung des Ausbaus der EE ist folglich nicht mehr hinnehmbar. Allerdings: Die Praxis zeigt beinahe täglich, dass gerade die Realisierung von Photovoltaik auf Dach immer wieder ohne Not erschwert wird.

Fall 1: Rote statt schwarze PV-Module

In einem Fall ist das Vorhabengebäude ein unter Denkmalschutz stehendes und auf dem Dach mit roten Ziegeln bedecktes Mühlgehöft in Brandenburg. Auf dem Dach existiert bereits eine denkmalschutzrechtlich genehmigte 25 m² große Solarthermieanlage mit schwarzen Modulen. Nun plant der Eigentümer die Anlage um eine PV-Anlage von 40 m², ebenfalls bestehend aus schwarzen Modulen, zu ergänzen. Die erneut erforderliche denkmalschutzrechtliche Zustimmung nach § 9 Abs. 1 Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz wurde von der zuständigen Behörde erteilt, allerdings nicht mit den beantragten schwarzen, sondern mit roten Modulen.
Dies führt dazu, dass auf dem Mühlgehöft mit roten Dachziegeln nun 25 m² schwarze und 40 m² rote Module zu sehen sein werden, an Stelle von einheitlich 65 m² schwarzen Modulen. Optisch nicht gerade unauffällig. Ärgerlich zudem: Farbige Module sind i. d. R. weniger leistungsfähig als Schwarze.2

Fall 2: Abschirmen der PV-Anlage mit Bepflanzung

In einem zweiten Beispiel möchte die Eigentümerin auf ihrem unbebauten Grundstück einen Neubau errichten, samt PV-Anlage auf dem südlich ausgerichteten Teil des Daches. Westlich des Grundstücks gelegen befindet sich eine unter Denkmalschutz stehende Kirche, nordöstlich des Grundstücks steht ein denkmalgeschütztes Fachwerkgebäude.

Um den Neubau denkmalschutzgerecht zu gestalten, verlangt die Denkmalschutzbehörde, dass die PV-Module auf der von der Kirche abgewandten – und für PV deutlich schlechter geeigneten – Nord-Ost-Seite angebracht werden müssen, obwohl bei der geplanten Realisierung der PV-Anlage auf der Südseite eine gemeinsame Sichtachse mit der Kirche nur in kurzen Abschnitten vorhanden gewesen wäre. Zusätzlich soll die PV-Anlage mit Bäumen von 10 bis 20 Metern Höhe verdeckt werden, um die Sichtachse zur Kirche zu schützen. Lästige Nebenwirkung: Weniger Lichteinstrahlung auf die Module.

Erfordernis einer Genehmigung oder Zustimmung

Die Praxisbeispiele zeigen, dass im Bereich des Denkmalschutzes zwei Fälle zu unterscheiden sind: So kann entweder das Denkmal selbst als Vorhabengebäude schutzwürdig sein (Fall 1) oder des Schutzes bedarf ein Denk-mal, das sich in der Umgebung des Vorhabengebäudes befindet (Fall 2).

In beiden Varianten ist nach den landesspezifischen Denkmalschutzgesetzen im Regelfall eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung oder Zustimmung der Denkmalschutzbehörde erforderlich 3, wenn durch die Errichtung der PV-Anlage auf Dach

  1. ein Denkmal in seinem Erscheinungsbild oder
  2. die Umgebung eines Denkmals, soweit sie für dessen Erhaltung oder Erscheinungsbild erheblich ist (Umgebungsschutz), verändert bzw. beeinträchtigt wird.

Variante 1: Erscheinungsbild des Denkmals

Die Genehmigungspflicht wird dabei durch jede Beeinflussung des Erschei-nungsbildes des Kulturdenkmals ausgelöst, die der als Maßstab gedachte aufgeschlossene Durchschnittsbetrachter als nachteilige Veränderung des Kulturdenkmals wahrnimmt. Sie setzt nicht voraus, dass die Beeinträchti-gung von besonderem Gewicht oder deutlich wahrnehmbar ist.4

Für die Genehmigungsfähigkeit soll die Schwere der Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes maßgeblich sein, die auch im Verhältnis zur Bedeutung des Denkmals zu bewerten ist. Bei der erforderlichen Einzelfallprüfung ist zu berücksichtigen, dass eine gewisse Gewöhnung des Durchschnittsbetrachters an die Existenz von PV-Anlagen auf Dachflächen eingetreten ist (Siehe Fn. 4, Rn. 30 ff.). Auch sind Vorbelastungen am oder in der Umgebung des Denkmals, die optische Dominanz der PV-Anlage sowie Farbe und Anordnung der Module zu bedenken. 6
Letztendlich darf die denkmalschutzrechtliche Genehmigung nur versagt werden, wenn die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes wesentlich ist und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird. 7

Variante 2: Umgebungsschutz

Auch der Schutz der Umgebung des Denkmals löst eine Genehmigungspflicht aus. Als Umgebung eines Denkmals ist der Bereich zu sehen, auf den das Denkmal ausstrahlt und den es in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht seinerseits prägt und beeinflusst oder der durch das Denkmal geprägt wird. 8
Entscheidend ist, ob überhaupt eine Sichtbeziehung zwischen dem Denkmal und der zu errichtenden PV-Anlage besteht und ob es sich dabei um eine zufällige Sichtachse, die einen geringeren Schutz genießt oder eine maßgebliche Sichtbeziehung handelt, die vom Errichter des Denkmals sogar gewollt war. 9

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das öffentliche Interesse am Ausbau der EE.

Die letzten Jahre haben eine Fülle an Einzelfallentscheidungen ergeben, deren Wiedergabe an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde. Entscheidend ist jedoch: Liegt eine Beeinträchtigung des Denkmals vor, folgt eine Ermessensentscheidung der genehmigenden Behörde, in der die Belange des Denkmalschutzes mit den Belangen des Klimaschutzes und dem öffentlichen Interesse am Ausbau der EE in Einklang zu bringen ist. Auch das Interesse der Eigentümer:innen an der Wirtschaftlichkeit der Anlage ist zu berücksichtigen. Zum Teil ist sogar positiv normiert, dass die Genehmigung zu erteilen ist, wenn dem Denkmalschutz entgegenstehende öffentliche oder private Interessen überwiegen. In Niedersachsen wird sogar ausdrücklich der Einsatz von EE als öffentliches Interesse genannt.10 Und auch in Nordrhein-Westfalen sind insb. die Belange des Klimas und des Einsatzes erneuerbarer Energien zu berücksichtigen. 11

Insbesondere der Maßstab der Verhältnismäßigkeit und das öffentliche Interesse am Ausbau der EE sind auch bei obigen Beispielen zu beachten: Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert, dass jede staatliche Maß-nahme einen legitimen Zweck verfolgt (hier: Denkmalschutz), zu dessen Erreichen das gewählte Mittel (hier: Rote statt schwarze PV-Module bzw. PV-Module auf Nord-Ost-Seite und Ersatzbaumpflanzung) geeignet, erforderlich und angemessen sein muss.

Im Fall der genehmigten PV-Anlage mit roten anstatt schwarzen PV-Mo-dulen dürfte bereits die Geeignetheit verneint werden. Denn: Kann ein denkmalgeschütztes Mühlgehöft mit roten Dachziegeln, auf dem bereits schwarze Module genehmigt wurden, in seinem Erscheinungsbild besser geschützt werden, wenn weitere 40 m² schwarze oder rote PV-Module genehmigt werden? Kommen dann jedoch im Rahmen der Angemessenheit die Interessen des Eigentümers an der Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage, die bei roten Modulen geringer ist als bei Schwarzen12 hinzu und beachtet man die Klimabeschlüsse des BVerfG13, wird deutlich, dass nur die Genehmigung einer PV-Anlage mit schwarzen Modulen rechtmäßig gewesen wäre.

Ein Ausblick: § 2 EEG 2023 ist nicht die Rettung von PV auf Dach

Eine Stellschraube, die der Gesetzgeber für die generelle Beschleunigung des Ausbaus von EE entdeckt hat, ist § 2 EEG 2023.

In § 2 EEG 2021 wurde daher im Juli 2022 der Grundsatz aufgenommen, dass der Ausbau der EE im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Allerdings ist hinsichtlich dieser guten Absicht des Gesetzgebers zu konstatieren: Aufgrund der genannten Be-schlüsse des BVerfG hätte ein derartiger im EEG verankerter Grundsatz allenfalls deklaratorischen Wert. Fraglich ist zudem, ob ein solcher bun-desgesetzlicher Grundsatz in das durch Landesrecht geregelte Denkmal-schutzrecht hineinreicht. Das OVG Lüneburg hat hieran bereits lautstark Zweifel geäußert. 14

Der Ausbau von Photovoltaik 15 auf Dachflächen wird daher wohl nur durch langwierige Verfahren im erforderlichen Maße voranschreiten – auf Kosten der Projektierer:innen, Häuslebauer und des Klimaschutzes.

Quellen:

1 So insg. BT-Drucksache 162/22 vom 08.04.2022.
2 Je nach Einfärbung der Module wird bis zu 30 % weniger Strom erzeugt: https://energeiaplus.com/2020/09/15/liebes-bfe-warum-sind-solaranlagen-schwarz/, abgerufen am 24.05.2022.
3 Z. B. § 12 SächsDSchG; § 9 BbgDSchG.
4 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 01.09.2011, 1 S 1070/11, juris Rn. 29.
5 Siehe Fn. 4, Rn. 30 ff.
6 Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 24.03.2011 – 4 K 1119/10.NW, juris Rn. 24 ff; Maslaton, Handbuch des Rechts der Photovoltaik, 3. Aufl., Leipzig 2021, S. 106.
7 Siehe Fn. 4, Rn. 31.
8 Vgl. z. B. VG Hamburg, Urt. v. 07.05.2015, 7 K 2845/14, juris Rn. 25; OVG Niedersachsen, Urt. v. 23.08.2012, 12 LB 170/11, juris Rn. 63.
9 Maslaton, Handbuch des Rechts der Photovoltaik, 3. Auflage, Leipzig 2021, S. 107.
10 § 7 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) DSchG Nds.
11 Vgl. z. B. § 9 Abs. 2 lit b) DSchG NRW; § 9 Abs. 2 Nr. 2 BbgDSchG; § 13 Abs. 2 Nr. 2 DSchG RLP.
12 Siehe Fn. 2.
13 BVerfG, Beschl. v. 24.03.2021 (1 BvR 2656/18 u. a.); BVerfG, Beschl. v. 23.03.2022, 1 BvR 1187/17.
14 OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. April 2022 – 12 MS 188/21, Rn. 74.
15 Mehr zum Denkmalschutzrecht in: Maslaton, Handbuch des Rechts der Photovoltaik, 6. Aufl., Leipzig 2022, S. 102 ff.


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