1. Regionalplanerische Aspekte
Die regionalplanerischen Aspekte werden relevant im Rahmen der Erstellung eines Bebauungsplans für Freiflächen-PVA. Dabei müssen die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anpassen (sog. Anpassungsgebot). Zudem sind die raumordnerischen Grundsätze bei der Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Ziele der Raumordnung in der Bauleitplanung zwar als verbindliche Vorgaben hinzunehmen sind, sie aber nach der Rechtsprechung des BVerwG je nach Grad ihrer Aussageschärfe „konkretisierungsfähig“ sind (BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 (4 NB 20.91); Beschl. v. 21.12.2017 (4 BN 3/17). Die Beurteilung der Frage, wann ein Zielkonflikt vorliegt, muss stets im Einzelfall bewertet werden. Entscheidend ist, dass bei Vorliegen eines Zielkonfliktes der Bebauungsplan wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 BauGB unwirksam ist. Mit Blick auf die Grundsätze der Raumordnung besteht nur eine Berücksichtigungspflicht, sie sind also, anders als die Ziele, nicht verpflichtend.
Bekanntermaßen können in den Raumordnungsplänen Ziele und Grundsätze der Raumordnung z. B. in Form verschiedener Gebietskategorien festgelegt werden (Vorranggebiete, Vorbehaltsgebiete und verschiedene Eignungsgebiete). Bei den Vorranggebieten handelt es sich um ein Ziel der Raumordnung bei denen die Gemeinden keine Abweichungskompetenz besitzen (Ausnahme: Zielabweichung). Die Vorbehaltsgebiete wiederum sind den Grundsätzen der Raumordnung zuzuordnen. Den vorbehaltenen raumbedeutsamen Nutzungen kommt im Rahmen der Abwägung gegen-über anderen raumbedeutsamen Funktionen ein besonderes Gewicht zu. Die Standortgemeinden sind demnach deutlich freier, eine Freiflächen-PVA z. B. als ein „Vorbehaltsgebiet Rohstoffgewinnung“ zu planen.
Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass festgelegte Vorranggebiete im Zweifel einen Konflikt für die Freiflächen-PVA darstellen können. Solche Konflikte können insbesondere bei Vorranggebieten Landwirtschaft, Vorranggebieten zur Rohstoffsicherung oder bei Vorranggebieten für Arten- und Biotopschutz nicht ausgeschlossen werden. Hier muss man im Einzelfall stets eine Prüfung anstreben, um die Vereinbarkeit mit den Zielen bewerten zu können. Der Schutzzweck des jeweiligen Vorranggebietes und die Errichtung und der Betrieb einer Freiflächen-PVA müssen sich nicht zwingend widersprechen. Sofern ein solcher Zielkonflikt allerdings nicht ausgeschlossen werden kann, ergeben sich im Einzelfall einige gestalterische Möglichkeiten, um eben jene Konflikte zu vermeiden, wie beispielsweise in Gestalt der Erteilung eines Baurechts auf Zeit oder eines Zielabweichungsverfahrens. Zuletzt zeigt sich auch immer häufiger das „Phänomen“, dass Ausschlussgebiete als Ziele der Raumordnung de-finiert werden. Hinsichtlich der pauschalen Sperrung von Gebieten durch Negativziele sind nach unserem Dafürhalten erhebliche Bedenken berechtigt. Die Festlegung von Ausschlussgebieten für bestimmte Nutzungen (in diesem Fall PV) ist aber nur dann zulässig, wenn die Nutzungen über den Bereich der jeweiligen Gemeinde hinaus raumbeeinflussend sind.
Freiflächen-PVA haben allerdings in der Regel keine raumbeeinflussende Wirkung über das Gemeindegebiet hinaus und sind eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Wichtig ist im Fall einer unwirksamen regionalplanerischen Festlegung nur, dass sich die Gemeinde nicht über die geltenden Ziele hinwegsetzen kann, sondern erst die gerichtliche Feststel-lung der Unwirksamkeit des Ziels der Raumordnung erreichen muss.
2. Lage im Landschaftsschutzgebiet
Neben regionalplanerischen Aspekten müssen die Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung auch die Lage der geplanten Freiflächen-PVA in einem Landschaftsschutzgebiet (LSG) in den Blick nehmen.
Nach § 2 Abs. 3 i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB sind die Gemeinden verpflichtet, die von ihrer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln und sie gerecht gegen- und untereinander abzuwä-gen. Mit Blick auf die Lage im Landschaftsschutzgebiet ist der Belang des Landschaftsschutzes gem. § 26 BNatSchG von Relevanz.
Die Landschaftsschutzgebiete werden nach der gesetzlichen Ermächtigung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG i. V. m. Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. dem jeweiligen Landesgesetz durch die sog. LandschaftsschutzgebietsVO näher ausgestaltet. Dabei werden in diesen Verordnungen sowohl der Schutzzweck geregelt, als auch die entsprechend zulässigen Handlungen und Verbote. Die so festgelegten Verbote und erlaubten Handlungen richten sich in aller Regel nach den jeweiligen regionalen Besonderheiten.
Die Landschaftsschutzgebiete sind verbindlich festgesetzt und können daher im Rahmen der Abwägung selbst nicht überwunden werden. Dies bedeutet freilich nicht, dass sie der Errichtung einer Freiflächen-PVA zwingend entgegenstehen. Vielmehr muss im konkreten Einzelfall der in der jeweiligen Landschaftsschutzgebiets-VO geregelte Schutzzweck geprüft werden und aus diesem die Zulässigkeit der Festsetzungen im Bebauungsplan abgeleitet werden. Verstößt der B-Plan also gegen die LandschaftsschutzgebietsVO, etwa weil in dem Gebiet eine Bebauung grundsätzlich verboten ist, so ist der B-Plan nicht vollzugsfähig und somit grundsätzlich unwirksam.
Wenn im Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebietes die Bebauung zwar grundsätzlich zulässig ist, die geplante Freiflächen-PVA aber nicht im Einklang mit den Schutzzielen der LSG-VO stehen, dürfte dies häufig ein dauerhaftes Hindernis für die Realisierung einer Freiflächen-PVA sein.
Sofern Verbote in der LSG-VO dem Vorhaben entgegenstehen, gibt es „gestalterische“ Ansatzpunkte um das geplante Vorhaben doch noch umzusetzen. Mit Blick auf festgelegte Verbote kommt grundsätzlich die Möglichkeit der Befreiung gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG i. V. m. LSG-VO in Betracht. Zwar kommt eine solche Befreiung nur im Einzelfall in Frage, allerdings kann sie durchaus ein probates Mittel sein, hier dem geplanten Vorhaben eine Realisierungsperspektive aufzuzeigen. Entscheidend ist im Rahmen der Befreiung, dass diese den ausgewiesenen Schutzzweck nur unerheblich berührt und deshalb der Verbotstatbestand überwunden werden kann.2 Maßgeblich ist demnach für die Befreiung, dass Gründe des Allgemeinwohls, hier der Ausbau Erneuerbarer Energien, vorliegen und die Befreiung auch erforderlich ist, sie also hinsichtlich der jeweiligen öffentlichen Interessen vernünftigerweise geboten ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Landschaft am vorgesehenen Standort weniger schutzwürdig, die Beeinträchtigung allenfalls geringfügig ist und die durch die LSG-VO unter Schutz gestellten Ziele des Landschaftsschutzes nicht beeinträchtigt werden.
3. Zusammenfassung
Insgesamt lässt sich feststellen, dass regionalplanerische Aspekte oder auch die Lage einer geplanten Freiflächen-PVA in einem Landschaftsschutzgebiet zwar im Rahmen der Bauleitplanung berücksichtigt werden müssen, per se aber nicht zu einem kategorischen Ausschluss führen. Vielmehr ist stets im Einzelfall zu bewerten ob und in wieweit es zu einer „friedlichen Koexistenz“ zwischen diesen Belangen und der Errichtung der Freiflächen-PVA kommen kann. Eine konkrete Prüfung des Sachverhaltes ist generell lohnenswert.
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