Anfang 2024 gingen im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech drei leistungsstarke Windenergieanlagen ans Netz und versorgen seither die Gemeinde mit sauberem Grünstrom. Das Projekt punktete mit starker regionaler Beteiligung, innovativen Vogelschutztechnologien und der aktiven Einbindung der Bürger*innen in die Finanzierung. So wurde der Bürgerwindpark zu einem Vorzeigeprojekt für andere Gemeinden.
Die Planung des Bürgerwindparks
Im Jahr 2022 stand die Gemeinde Fuchstal vor einer ambitionierten Herausforderung: Die Realisierung eines über Jahre geplanten Bürgerwindparks, der nicht nur die Energieautonomie von Fuchstal stärken, sondern auch den ökologischen Fußabdruck minimieren sollte. Konkret ging es um die Errichtung von drei hochmodernen Windenergieanlagen des Typs Enercon E160 EP5 E3 mit einer Gesamtleistung von 16,68 MW, welche im südlichen Gemeindegebiet, im Denklinger Rotwald, gebaut werden sollten. Diese Anlagen würden entscheidend dazu beitragen, dass der Ort Fuchstal rechnerisch mehr als das Doppelte seines Energiebedarfs selbst erzeugt und CO₂-neutral agiert.
Daten und Fakten zum Bürgerwindpark Fuchstal Gemeindewald
- 3 Enercon-Anlagen des Typs E-160 mit einer Leistung von je 5,56 MW
- Initiatorin und Emittentin: Bürgerwind Fuchstal Gemeindewald GmbH & Co. KG
- Zielgruppe: Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Fuchstal
- Planung durch das Ingenieurbüro Sing GmbH
- Beteiligungsart: Kommanditbeteiligung
- Beteiligungshöhe: 5.000 bis 50.000 €
- Finanzierungsvolumen: 21.220.000 €
- Zwei Drittel über Kredite finanziert, ein Drittel ist Eigenkapital
Einbindung durch Bürgerbeteiligung
Großen Rückhalt erhielt das Projekt aus den eigenen Reihen. Über 200 lokale Bürger*innen investierten in das Projekt und brachten dadurch 30 Prozent des erforderlichen Eigenkapitals auf.
„Durch die Möglichkeit, als Kommanditisten in den Bürgerwindpark zu investieren, haben wir die Einwohner von Fuchstal von Anfang an direkt in das Projekt eingebunden“,
so Bürgermeister Erwin Karg, der dieses Modell zusammen mit Gerhard Schmid, Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Fuchstal, initiierte.
„Das förderte nicht nur die finanzielle Unterstützung durch die Bürgerinnen und Bürger, sondern führte zudem zu einer tief verankerten Akzeptanz und Unterstützung des Projekts in der lokalen Gemeinschaft“,
so Karg weiter.
Strenge Umweltauflagen
Die weitere Projektierung umfasste verschiedene technische und ökologische Aspekte. Zudem war das Windprojekt in Fuchstal an die damals geltenden, strengen Vorgaben des bayerischen 10-H-Gesetzes gebunden. Die Regelung verlangte, dass die Windräder einen Mindestabstand von 2000 Metern zu Wohnbebauungen einhalten.
Robert Sing, Geschäftsführer des planenden Ingenieurbüros Sing, erklärte:
„Dies limitierte die möglichen Standorte erheblich. Aufgrund seiner Lage im dichten Denklinger Rotwald waren wir zusammen mit den Projektverantwortlichen der Gemeinde Fuchstal gefordert, komplexe Lösungen zu entwickeln. Durch diese konnten wir die Waldrodung auf ein Minimum beschränken und gleichzeitig den Anforderungen an die Energieproduktion gerecht werden.“
Kamerabasiertes Vogel-Monitoringsystem
Um die Umweltauflagen, insbesondere im Bereich des Vogelschutzes einzuhalten, implementierten die Planer*innen ein kamerabasiertes Vogelerkennungssystem. Dieses technologische Novum, gefördert vom Bayerischen Wirtschaftsministerium und begleitet von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sowie der Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen, schaltet die Anlagen bei Annäherung geschützter Vogelarten, wie dem Rotmilan, automatisch ab. Dank des hochentwickelten Kamerasystems kommen die Rotorblätter innerhalb von 20 Sekunden zum Stillstand, sobald sich ein Vogel auf weniger als 350 Meter einem Windrad nähert. Dadurch werden Kollisionen vermieden. Die Implementierung dieser Technologie war entscheidend für die ökologische Verträglichkeit des Windparks und die Erteilung der notwendigen Betriebsgenehmigungen.
Finanzierung des Windparks
Für die Umsetzung des ambitionierten Projekts suchte die Gemeinde Fuchstal einen Finanzierungspartner mit umfassendem Knowhow im Bereich Bürgerwindparks für die verbleibenden zwei Drittel des Finanzierungsvolumens. Die Suche, Auswahl und weitere Abstimmung mit dem Finanzierungspartner übernahm dabei Günter Baumgartner von Fair Finance Consult.
Die UmweltBank, spezialisiert auf ökologische Projekte, übernahm die Finanzierung des Bürgerwindparks Fuchstal Gemeindewald.
„Wir haben unseren Finanzierungspartner nicht nur wegen der attraktiven Konditionen gewählt, sondern auch aufgrund unserer positiven Erfahrungen in früheren Projekten. Die Bank hat sich als überaus kompetent erwiesen und bringt ein umfassendes Verständnis für die Herausforderungen von Bürgerwindparks mit“,
so Günter Baumgartner.
Der Finanzierungsplan umfasste:
- Eine detaillierte Prüfung (Due-Diligence-Prüfung) der Projektunterlagen, einschließlich Umweltverträglichkeitsstudien, Ertragsgutachten, Bau- und Betriebsgenehmigungen sowie die Einhaltung lokaler und nationaler Vorschriften zum Vogelschutz.
- Die Bereitstellung von Fremdkapital, das die Bürgerbeteiligung ergänzte.
- Die Strukturierung von Sicherheiten und Kreditvereinbarungen, die speziell auf die Risiken und Anforderungen von Großprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien abgestimmt waren.
Die finanzielle Unterstützung für das Projekt begann unmittelbar vor Baubeginn, nachdem alle erforderlichen Genehmigungen im Juni 2022 vorlagen. Die notwendigen Unterlagen umfassten detaillierte Planrechnungen, Kauf- und Unternehmerverträge, zwei Ertragsgutachten und die entsprechende BImSchG-Genehmigung inklusive sämtlicher Änderungen und Nachträge, die spezifische Auflagen, z. B. zu Schall- und Schattenwirkung, beinhalteten. Diese sind für Projekte erforderlich, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt oder die öffentliche Ordnung haben könnten. Für das Finanzierungsvorhaben waren zudem die ökologischen Parameter des Projekts entscheidend wie der Beitrag zur Energiewende und die Umweltverträglichkeit. Insbesondere das Ziel von Fuchstal, bis 2030 energieautark zu sein, und die Minimierung der Waldrodung stellten entscheidende Kriterien zur Förderung dar.
Partnerschaftlich beraten
Über die Finanzierung hinweg unterstützte das Kreditinstitut die Gemeinde zudem bei individuellen Herausforderungen wie dem Netzanschlusskonzept. Hier arbeitete die Bank eng mit den Initiatoren zusammen, um eine finanzierbare Lösung zu entwickeln. Das ausgearbeitete Konzept stellt sicher, dass der erzeugte Strom optimal genutzt und in das lokale Netz integriert werden kann, was die Wirtschaftlichkeit des Projekts zusätzlich steigert.
Des Weiteren stellte die Dynamik in der Änderung von Grundstücken und Kabeltrassen eine Herausforderung dar. Sie erforderte eine flexible Anpassung der Planungen und eine kontinuierliche Neubewertung der technischen und rechtlichen Machbarkeit. Der Finanzierungspartner stellte sicher, dass alle Änderungen im Rahmen der finanziellen Planung und Risikobewertung des Projekts blieben.
Erwin Karg, Bürgermeister der Gemeinde Fuchstal:
„Das Kreditinstitut hat eine Schlüsselrolle bei der Realisierung des Bürgerwindparks Fuchstal Gemeindewald gespielt, indem es nicht nur finanzielle Ressourcen bereitstellte, sondern durch intensive Beratung und Unterstützung bei der Bewältigung komplexer Herausforderungen maßgeblich zum Projekterfolg beitrug.“
Auch für den Finanzierungspartner des Bürgerwindparks Fuchstal Gemeindewald hat das Projekt hohe Strahlkraft:
„Die Gemeinde Fuchstal zeigt vorbildlich, wie sich ländliche Kommunen für die Energiewende und eine energieautarke Zukunft aufstellen können. Wir sind stolz darauf, das Projekt begleiten zu können und schätzen die enge und vertrauliche Zusammenarbeit mit den im Projekt eingebundenen Personen sehr“,
so Björn Leuchner, Projektbetreuer in der Abteilung Finanzierung Erneuerbare Energien bei der UmweltBank.
Energieunabhängigkeit, CO₂-Einsparung und lokale Wertschöpfung
Die Windenergieanlagen des Bürgerwindparks Fuchstal Gemeindewald sind seit Februar 2024 sukzessive in Betrieb genommen worden. Damit gehören sie zu den wenigen Windenergieprojekten in Bayern, die aufgrund der damals geltenden 10-H-Regelung überhaupt eine Baugenehmigung erhielten und in den letzten Jahren realisiert wurden. Der Windpark trägt nun jährlich mit rund 24 Millionen Kilowattstunden zur Energieversorgung bei, genug, um rechnerisch etwa 4.700 3-Personen-Haushalte zu versorgen. Die CO₂-Einsparung beläuft sich auf beeindruckende 16.000 Tonnen pro Jahr. Zudem verspricht das erstmals eingesetzte kamerabasierte Vogelerkennungssystem den Fortschritt im Vogelschutz und damit die Bewahrung der lokalen Biodiversität zu unterstützen.
Darüber hinaus hat das Projekt lokale wirtschaftliche Vorteile gebracht: Die Erhöhung der kommunalen Einnahmen, die zur Unterstützung lokaler Infrastrukturprojekte wie Schulen, Kinderspielplätze und öffentliche Einrichtungen verwendet werden. Und die Verbesserung der Energieunabhängigkeit der Gemeinde, die durch Wind- und Sonnenkraft fast dreimal so viel Strom produziert, wie sie verbraucht.
Die erfolgreiche Inbetriebnahme der Windenergieanlagen im Jahr 2024 war damit ein wesentlicher Schritt für die Energiewende in Fuchstal und ein Leuchtturmprojekt in Bezug auf die Umsetzung ökologischer und gemeindeorientierter Energieprojekte in Bayern.
Über den Autor
Björn Leuchner ist Kreditspezialist in der Abteilung Finanzierung Erneuerbare Energien der UmweltBank. Bei der UmweltBank kümmert er sich um das Neugeschäft im Bereich Wind. Sein Fokus liegt dabei unter anderem auf Bürgerenergieprojekten wie dem Bürgerwindpark Fuchstal. Bevor er 2021 zur UmweltBank kam, war er knapp 20 Jahre im genossenschaftlichen Bankensektor tätig.
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