Kommunen nutzen häufig ihre Eigentümerstellung an Wegen, um die Errichtung und den Betrieb von Windparks zu verhindern. Ob dies gelingt, kann auch davon abhängen, ob der Windparkbetreiber die Gemeindewege für den Erschließungs- oder den Errichtungsverkehr nutzen will. Erschließungsverkehr ist der durch den laufenden Betrieb des Windparks ausgelöste Verkehr, z. B. durch Wartungsfahrzeuge, Feuerwehr, Polizei und Rettungsfahrzeuge. Errichtungsverkehr ist der für die Errichtung des Windparks erforderliche Verkehr, also v. a. der Schwerlastverkehr.

Für die Erteilung der BImSchG-Genehmigung prüft die Behörde nur, ob der Windpark über eine ausreichend gesicherte Erschließung verfügt. Dies ist der Fall, wenn die Wege ein Mindestmaß an Zugänglichkeit für den Erschließungsverkehr aufweisen. Feld- und Waldwege können daher ausreichen1. Sind die Wege zwar bei Antragstellung in einem schlechten Zustand, können aber durch den Betreiber bis zur Inbetriebnahme des Windparks ertüchtigt werden, genügt ein der Gemeinde unterbreitetes zumutbares Erschließungsangebot, um die ausreichende Erschließung zu fingieren.

Die Genehmigung muss dann erteilt werden, wenn die Wege dem Betreiber auch dauerhaft zur Verfügung stehen. Häufig bestreiten Gemeinden dies unter Hinweis auf von ihnen verweigerte Baulasten oder Dienstbarkeiten an den Wegen. Allerdings verlangt die Rechtsprechung diese Form der Sicherung nur für private Grundstücke2. Gemeindewege stehen hingegen bereits dann dauerhaft zur Verfügung, wenn sie öffentlich gewidmet sind oder die Gemeinde den Erschließungsverkehr aus anderen Gründen dulden muss3. Die öffentliche Widmung ist regelmäßig im Straßenverzeichnis dokumentiert. Die Straßengesetze der neuen Bundesländer kennen zudem die Widmungsfiktion für Wege, die schon zu DDR-Zeiten öffentlich genutzt wurden4. Die Duldungspflicht der Gemeinde kann sich nach der Rechtsprechung z. B. aus dem Gleichheitssatz, der Eigentumsgarantie oder Treu und Glauben ergeben.

Ob der Betreiber die Annahme seines zumutbaren Erschließungsangebots verlangen kann5 oder die Gemeinde die angebotenen Erschließungsmaßnahmen nur dulden muss oder infolge ihrer Ablehnung des zumutbaren Erschließungsangebots aufgrund von Treu und Glauben selbst durchführen muss6, ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Dem Betreiber dürfte regelmäßig die gerichtliche Feststellung der Duldungspflicht der Gemeinde genügen.

All dies nützt ihm jedoch nur, wenn er den Windpark auch errichten kann. Die Nutzung öffentlich gewidmeter Wege durch den Errichtungsverkehr bedarf regelmäßig einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis. Diese dürfen die Genehmigungsbehörden trotz des ihnen eingeräumten Ermessens nur aus straßenrechtlichen Erwägungen versagen7. Nach den Straßengesetzen Brandenburgs, Baden-Württembergs, Bremens und Mecklenburg-Vorpommerns wird die Sondernutzungserlaubnis bereits durch die BImSchG-Genehmigung konzentriert8.

Sind die für den Errichtungsverkehr beanspruchten Wege nicht öffentlich gewidmet, kann sich ein Anspruch auf Wegenutzung aus dem aus Art. 14 Abs. 1 GG hergeleiteten notwegeähnlichen Benutzungsrecht ergeben9. Dieses Recht leiten Gerichte aus der besonderen öffentlich-rechtlichen Stellung des Betreibers als Besitzer von Außenbereichsgrundstücken her, die andernfalls nicht für die Umsetzung privilegierter Vorhaben genutzt werden können. Voraussetzung ist allerdings, dass die Standortgrundstücke nicht anderweitig erreichbar sind.

Den Wegeausbau für den Errichtungsverkehr – auch in den Randbereich – muss die Gemeinde entweder aufgrund der die Sondernutzungserlaubnis konzentrierenden BImSchG-Genehmigung10, der Sondernutzungserlaubnis oder des öffentlich-rechtlichen notwegeähnlichen Benutzungsrechts dulden11.

Betreiber übersehen häufig, dass die vorgenannten Ansprüche nur einen zeitlich befristeten Errichtungsverkehr und Ausbau decken. Nach Abschluss der Errichtungsarbeiten muss der nur dem Errichtungsverkehr dienende Wegeausbau beseitigt werden. Dies ist wenig befriedigend. Die Leitungsverlegung gehört nicht zur Erschließung. Sie ist ausschließlich zivilrechtlich zu regeln. Betreiber haben hier häufig gute Chancen auf Duldung der Kabelverlegung zu angemessenen Konditionen in Gemeindewegen aufgrund wettbewerblicher Vorschriften12. Ein Duldungsanspruch kann sich zudem aus § 905 S. 2 BGB ergeben, wenn die Kabelverlegung in einer solchen Tiefe erfolgt, dass die Gemeinde kein Interesse an ihrem
Ausschluss haben kann13.

Der Betreiber kann gemeindlichem Unwillen also gute Argumente entgegenhalten. Ein gerichtlich erfolgreiches Vorgehen erfordert jedoch eine genaue Differenzierung der geltend gemachten Ansprüche. Bereits bei der Formulierung des zumutbaren Erschließungsangebots wird dies häufig übersehen. Eine gute rechtliche Beratung und Begleitung ist daher ratsam. 

 

Fußnoten


1 (BVerwG, Urt. v. 30.08.1985 – 4 C 48.81)
2 (BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 – 4 C 54/85)
3 (BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 – 4 C 45/88; OVG Bln-Bbg, Urt. v. 16.11.2017 – OVG 11 B 6.15)
4 (OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 28.12.2020 – OVG 1 S 29/20 zu § 48 Abs. 7 S. 1 BbgStrG)
5 (hiergegen VG Oldenburg, Urt. v. 09.03.2016,5 A 5403/12 in: Beck RS 2016, 46521)
6 (BVerwG, Urt. v. 22. Januar 1993 – 8 – C 46/91, NVwZ 1993, S. 1102 ff.)
7 (OVG Greifswald, Beschl. v. 29.09.2016 – 1 M 435/16)
8 (OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 28.12.2020 – OVG 1 S 29/20 zu § 19 Abs. 1 BbgStrG)
9 (VG Potsdam, Beschl. v. 24.03.2020, VG 10 L 51/20 unter Bezugnahme auf OVG Koblenz, Urt. v.
21.10.2009,1 A 10481/09 in: Beck-RS 2009, 41597; VG Mainz, Beschl. v. 22.07.2016 – 3 L 648/16 MZ)
10 (OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 28.12.2020 – OVG 1 S 29/20)
11 (VG Potsdam, Beschl. v. 24.03.2020, VG 10 L 51/20 unter Bezugnahme auf OVG Koblenz, Urt. v.
21.10.2009,1 A 10481/09 in: Beck-RS 2009, 41597; VG Mainz, Beschl. v. 22.07.2016 – 3 L 648/16 MZ)
12 (BGH, Urt. v. 11.11.2008 – KZR 43/07; LG Frankfurt/Main, Beschl. v. 03.11.2020 – 2-03 O 59/19)
13 (LG Köln, Beschl. v. 06.08.2013 – 5 O 221/13)


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