Der deutsche Strommarkt, wie Deutschland selbst, ist keine Insel, sondern politisch und wirtschaftlich mit der Welt verbunden. Daher haben auch geopolitische Geschehnisse Einfluss auf die Preisentwicklungen. In den letzten beiden Jahren jedoch, war es auch ein hausgemachtes Problem, das Anlagenbetreiber von Wind- und PV-Anlagen vor neue Herausforderungen stellt: negative Strompreise und ein Ende der bedingungslosen EEG-Subventionen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir auch in 2025 einen Anstieg an Stunden mit negativen Preisen am Strommarkt sehen werden. Was aber macht dies mit der kaufmännischen Betriebsführung von PV und Windanlagen? In Lucia Rupp, Product Manager Commercial Asset Management, und Ann-Christin Schulte, Teamleiterin Energiedatenmanagement bei node.energy haben Antworten.

Kannibalisierungseffekt, negative Strompreise und ein Aussetzen der EEG-Vergütung nach § 51 EEG – welche Konsequenzen haben diese Ereignisse und Entscheidungen auf die Wirtschaftlichkeit von Windkraft und PV-Anlagen?

Lucia Rupp: Wind- und Solaranlagen sind nach wie vor wirtschaftliche und sichere Investitionen. Was sich aber ändert, ist die „Produce and forget“-Mentalität, die dank der Absicherung durch die EEG-Förderung möglich war. Im Bereich der PV-Freiflächenanlagen sehen wir dies bereits daran, dass Banken und andere Investoren detaillierte Berichte erwarten, die darlegen, wie sich negative Strompreise auf die Wirtschaftlichkeit auswirken.

Welche Aufgaben können durch ein Erlösmonitoring automatisiert werden?

LR: Ein richtig aufgesetztes Erlösmonitoring bringt Transparenz in die Einnahmen und Erzeugung von Wind- und PV-Anlagen. Damit lassen sich mehrere Aufgaben deutlich effizienter umsetzen: Die Prüfung von Abrechnungen der Direktvermarkter und Netzbetreiber, das Erstellen von Reports über die Wirtschaftlichkeit der Anlage, etwa wenn ein Repowering bevorsteht oder als Grundlage für eine neue Anlage, und die Analyse alternativer Vermarktungsmöglichkeiten für diese Anlagen. Zum Beispiel können Betreiber dies nutzen, um zu evaluieren, ob sich ein Speicher für die Anlage rechnet, wann dort Strom eingespeist werden sollte oder ob die Anlage in eine andere Vermarktungsform, wie ein direktes PPA wechseln sollte.

Welche Daten laufen bei einem Erlösmonitoring zusammen?

LR: Für ein gutes Reporting werden marktrelevante, aber auch regulatorische Daten benötigt, die sich in der passenden Software wiederfinden. Dazu gehören Förderregime und Vermarktungsverträge für die monatlichen Rechnungen der Netzbetreiber und Direktvermarkter, die Stammdaten sowie Aufteilungsschlüssel im Windpark, Wissen darüber, wann bestimmte Paragrafen greifen, wie etwa § 51 EEG, aber auch Preiszeitreihen. Dazu kommen noch die offiziellen Messdaten des Messstellenbetreibers, die am geeichten Zähler am Netzverknüpfungspunkt gemessen werden. Zusätzlich können noch Daten aus den Untermesssystemen integriert werden.

Die meisten Daten haben die Kunden bereits, etwa Stammdaten und Informationen aus Untermesssystemen. Wie sieht es aber mit den offiziellen Daten des Messstellenbetreibers aus? In welcher Form werden die offiziellen Messdaten übertragen?

Ann-Christin Schulte: Es gibt zwei Möglichkeiten, die Daten von den Messstellenbetreibern zu erhalten, beide mit Vor- und Nachteilen. Die erste Option ist über die offizielle Marktkommunikation. Hierbei werden die Daten in standardisierten Formaten übertragen und verschlüsselt. Allerdings müssen Betreiber dafür eine der festgelegten Marktrollen übernehmen und eine bestimmte Software nutzen, um die Daten über diesen Weg zu erhalten. Der andere Weg sind Excel-Dateien als E-Mailanhang. Das ist zwar weniger aufwendig, allerdings auch unsicherer, und die Excel-Tabellen sind je nach Messstellenbetreiber unterschiedlich aufgebaut. Dazu kommt, dass leider nicht alle Messstellenbetreiber gewillt sind, ihre Daten weiterzugeben oder dafür hohe Gebühren verlangen.

Sie fragen für über 13.500 Windräder Messdaten an. Wie wird die Zusammenarbeit mit den fast 300 Messstellenbetreibern gemanagt?

AS: Die meisten Messstellenbetreiber arbeiten gut mit uns zusammen, auch wenn es auf der technischen Seite immer wieder Probleme gibt, neue Marktrollen zu etablieren oder eine neue Verschlüsselung umzusetzen. Wir haben uns inzwischen auch den Ruf erarbeitet, dass wir die geltenden Gesetze kennen und dabei auch nicht klein beigeben. Daher konnten wir die meisten der eher unwilligen Messstellenbetreiber davon überzeugen, sowohl die vorgegebenen Marktprozesse als auch den gesetzlich geltenden Deckel für Kosten einzuhalten.

Ein transparentes Erlösmonitoring und daraus resultierende Analysen sind Aufgaben von kaufmännischen Betriebsführern. Wie verändert dies den Job?

LR: Die kaufmännische Betriebsführung für PV- und Windanlagen gewinnt auf jeden Fall an Wichtigkeit. Gleichzeitig kommen damit neue Aufgaben hinzu, die über die bisher hauptsächlich verwaltenden Tätigkeiten hinausgehen. Kaufmännische Betriebsführer müssen zu Marktbeobachtern und -strategen werden, aber auch ihre Kompetenzen in der Datenauswertung steigern. Dies erfordert in vielen Fällen den Ausbau zusätzlicher Kompetenzen und Fachwissen über den Strommarkt. Schon jetzt ist in diesem Bereich der Fachkräftemangel besonders spürbar und wird dadurch noch verschärft.

Wie kann eine Software dabei unterstützen?

LR: Es ist sinnvoll, den Fokus auf drei Punkte zu legen: Erstens die zentrale Verwaltung aller relevanten Daten. Im besten Falle werden so keine fehleranfälligen Excel-Modelle mehr benötigt und auch der Wechsel zwischen unterschiedlichen Plattformen ist nicht mehr notwendig.

Der zweite Punkt ist Zeitersparnis. Kaufmännische Betriebsführer haben schon heute eine hohe Arbeitslast. Für bereits bestehende Aufgaben wie die Rechnungsprüfung kann eine entsprechende Software den manuellen Aufwand reduzieren.

Und drittens ist durch eine Echtzeit-Übersicht in die kaufmännische Betriebsführung die notwendige Transparenz möglich. So ist auf einen Blick ersichtlich, welche Mengen unter § 51 EEG fallen, welche Erlöse erzielt wurden und welche Forderungen gegenüber Direktvermarktern oder Netzbetreibern noch offen sind.

Damit sind auch Betriebsführer, die hauptsächlich einen Verwaltungshintergrund haben, befähigt, Transparenz in ihren Datendschungel zu bringen.

 

Dieser Beitrag erschien im BWE-BerteiberBrief 1-2025.

 


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