Hier möchten wir an drei Beispielen aus der kaufmännischen Betriebsführung aufzeigen, wo es mit etwas Mut zur Digitalisierung und Verpflichtung zu mehr Standardisierung möglich ist, viel Frust, Zeit und Aufwand im Betrieb von Windenergieanlagen und Solarparks einzusparen.

 

1. Monatliche Gutschriften und Rechnungen

Ein Thema, das jeden Anlagenbetreiber in der Direktvermarktung betrifft, ist die Überprüfung der monatlichen Abrechnungen und Gutschriften.

Wie läuft es im Moment?

Anlagenbetreiber erhalten monatlich Abrechnungen von ihren Direktvermarktern über die Erlöse aus dem Stromverkauf und Gutschriften von den Netzbetreibern über die Marktprämie in der geförderten Direktvermarktung.

Die Abrechnungen basieren auf Messdaten, die von den Messstellenbetreibern erhoben werden und an die Netzbetreiber und Direktvermarkter übermittelt werden. Dafür wurden Marktkommunikationstools etabliert, mit deren Hilfe die Messdaten automatisch in 15-Minuten-Intervallen versendet werden.

Hier wird es aufwendig

Der Anlagenbetreiber ist bei dieser Kommunikation außen vor und hat in der Regel keine Möglichkeit, an der digitalen Datenverteilung teilzunehmen. Denn die Marktkommunikation ist nur für Unternehmen mit einer bestimmten Rolle vorgesehen, etwa Netzbetreiber, Direktvermarkter oder Energieserviceanbieter (ESA).

Im Moment fordern viele Anlagenbetreiber die Messdaten selbst aktiv bei den Messstellenbetreibern, Direktvermarktern oder Netzbetreibern an. Diese Daten werden dann manuell in Betriebsführungssysteme oder Excel-Tabellen eingepflegt und weiterverarbeitet. Da es sich meist um die Daten von den Zählern am Netzverknüpfungspunkt oder den Messdaten handelt, müssen die relevanten Erzeugungsmengen je Anlage oder Betreibergesellschaft daraus extrahiert werden.

Für die Prüfung der Beträge sind die individuellen Vertragskonditionen mit dem Direktvermarkter sowie die Fördersituation der Anlagen zu berücksichtigen. Dazu kommen noch weitere Informationen, die bedacht werden müssen, wie Preiszeitreihen, Monatsmarktwerte und Zeiträume mit negativen Spotpreisen. Der Aufwand ist beträchtlich: Laut unseren eigenen Umfragen verbringen Mitarbeiter im Schnitt zwischen ein und drei Stunden pro Anlage und Monat nur damit, die Daten aufzubereiten, um Rechnungen und Gutschriften prüfen zu können. Dazu kommt, dass diese Datensätze auch für weitere gesetzlich geregelte Aufgaben verwendet werden müssen, etwa für die jährlichen TAM-Meldungen.

Welche Lösungen gibt es?

Mit der Marktkommunikation gibt es bereits einen digitalisierten und standardisierten Prozess, der auch für Anlagenbetreiber zugänglich gemacht werden sollte. Zusätzlich müssen die Zuständigkeiten der ESA gestärkt und erweitert werden, damit sie die Anlagenbetreiber besser unterstützen können.

Aufgrund der komplizierten Regeln in der Marktkommunikation braucht es eine digitale Plattform, die Datenempfang und -aufbereitung für Anlagenbetreiber übernimmt. Die Weiterverarbeitung der Daten sollte bereits mitgedacht werden und über geeignete Schnittstellen barrierefrei zugänglich sein.

 

2. Direktvermarktung für kleine Anlagen

Mit der Wachstumsinitiative 2025 plant die Bundesregierung, ab dem 1. Januar 2025 die Pflicht zur Direktvermarktung auf Anlagen mit einer Leistung ab 25 kW schrittweise auszuweiten. Dies wird dazu führen, dass deutlich mehr Betreiber in die Direktvermarktung einbezogen werden.

Wie läuft es im Moment?

Anlagenbetreiber fragen meist jährlich bei verschiedenen Direktvermarktern Angebote für ihre Anlagen an. Dazu müssen sie technische Daten ihrer Anlagen sowie historische Produktionsdaten sammeln, aufbereiten und an die infrage kommenden Direktvermarktungsunternehmen versenden. Erhalten sie mehrere Angebote zurück, müssen sie diese anhand zum Teil unterschiedlicher Parameter, etwa feste vs. flexible Risikoprämie, vergleichen und anschließend einen Direktvermarkter beauftragen.

Hier wird es aufwendig

Bei kleinen Leistungsklassen stehen geringe handelbare Strommengen und damit auch geringe Erträge einem hohen administrativen Aufwand gegenüber. Direktvermarkter sind oft nicht bereit, Kleinstmengen zu übernehmen. Die aktuelle Bundesregierung schreibt in ihrem Papier zur Wachstumsinitiative selbst, dass die Prozesse zur Stromselbstvermarktung „massengeschäftstauglich“ gemacht werden müssen – bis spätestens 1. Januar 2026, also bis zu einem Jahr nachdem die Pflicht zur Direktvermarktung auf tausende Anlagen ausgeweitet wurde.

Welche Lösungen gibt es?

Alle Direktvermarkter sollten dazu aufgefordert werden, ihre Datenabfrage und Angebote zu vereinheitlichen und den gesamten Prozess zu digitalisieren. Das hätte drei Vorteile:

  1. Alle notwendigen Stamm- und Bewegungsdaten, die für das Einholen von Direktvermarktungsangeboten (Ausschreibungen) erforderlich sind, können digital verwaltet und einfach „auf Knopfdruck“ extrahiert werden.
  2. Angebote von Direktvermarktern können einfach geprüft und verglichen werden.
  3. Verträge können digital abgeschlossen werden, also ohne postalische Umwege.

 

3. Herkunftsnachweise

Für Anlagenbetreiber wie auch Abnehmer sind Herkunftsnachweise (HKN) ein wichtiges Werkzeug, um die Produktion und den Kauf von Strom aus erneuerbaren Energien nachzuweisen. Die Ausstellung und Verwaltung dieser Nachweise erfordert allerdings viele manuelle Schritte aufseiten der Produzenten und Konsumenten.

Wie läuft es im Moment?

Betreiber von EE-Anlagen können für die von ihren Anlagen produzierten Strommengen Herkunftsnachweise ausstellen lassen. Anlagenbetreiber registrieren dazu ihre Anlagen im Herkunftsnachweisregister (HKNR) des Umweltbundesamtes (UBA). Das UBA fragt die Messdaten beim zuständigen Verteilnetzbetreiber an, der Anlagenbetreiber oder sein Dienstleister prüft (aus den Daten, die wie in Punkt 1 beschrieben, aufwendig extrahiert wurden), stellt HKNs aus und überträgt sie. Die HKNs werden deutschlandweit über das Portal gehandelt, oder wiederum manuell in andere Portale übertragen, um sie ins europäische Ausland zu verkaufen.

Hier wird es aufwendig

Gerade bei Anlagen, die älter als 20 Jahre sind, wird die Verwaltung der HKNs ungern von den Direktvermarktern übernommen. Das bedeutet für Anlagenbetreiber, besonders bei großen Portfolios, dass sie jede Anlage einzeln im Herkunftsnachweisregister registrieren und anschließend die Ausstellung und den Verkauf der HKNs verwalten müssen. Die HKNs werden dabei teilautomatisiert dem jeweiligen Konto des Betreibers oder der Betreibergesellschaft gutgeschrieben.

Welche Lösungen gibt es?

Neben den eigenen Dokumenten für die Prüfung der Abrechnungen und den Meldeportalen der Netzbetreiber ist das Herkunftsnachweisregister ein weiteres Werkzeug, in dem Anlagenbetreiber einen Teil ihrer Arbeit erledigen müssen. Im HKNR selbst sollte es möglich sein, innerhalb von einem Account alle Anlagen, auch von verschiedenen Betreibern zu verwalten. Noch besser wäre jedoch eine Schnittstelle zu anderen Programmen, sodass es möglich ist, diese Aufgabe besser in die kaufmännische Betriebsführung zu integrieren.

 

4. Digitalisierung in der Energiewirtschaft fördern

Die Energiewende kann und darf nicht dadurch blockiert werden, dass es zu wenige Fachkräfte gibt, die dann damit beschäftigt werden, Formulare manuell und mehrfach auszufüllen, Rechenergebnisse in Excel-Tabellen aufzuschlüsseln sowie Datensätze von einem Programm ins nächste zu übertragen. Was also muss sich konkret ändern?

Im besten Fall gibt die Regierung Regeln für die Automatisierung und Standardisierung von allen datenverarbeitenden Prozessen vor, die verbindlich sind für alle Teilnehmer im Markt. Außerdem muss der Zugang zu Daten aus der offiziellen Marktkommunikation allen Teilnehmern ermöglicht werden. Schnittstellen zu anderen Programmen sollten verpflichtend werden, damit es kaufmännischen Betriebsführern und Anlagenbetreibern erleichtert wird, ihre Aufgaben zu bündeln, und effizient zu bearbeiten. Welche Möglichkeiten haben Anlagenbetreiber aber, kurzfristig und unkompliziert die vielen administrativen und bürokratischen Aufgaben umzusetzen ohne den Kampf um Personal mit anderen Betreibern und Behörden? Aus unseren eigenen Umfragen wissen wir, dass einige wenige Anlagenbetreiber dazu übergegangen sind, Software-Lösungen mit Partnerunternehmen zu entwickeln, die auf sie und ihre Aufgaben zugeschnitten sind. Diese Lösung eignet sich jedoch nicht für alle, da sie oft teuer und zeitaufwendig ist.

Es gibt aber inzwischen auch Unternehmen, die in der Rolle der Energieserviceanbieter genau diese Probleme bekämpfen und Software-Lösungen entwickeln, die alle Aufgaben der kaufmännischen Betriebsführung in einer Plattform bündeln. Damit haben Anlagenbetreiber wieder Zeit, die Energiewende durch den Bau neuer Anlagen voranzubringen.

Quelle: Betreiberbrief 3-2024

 


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