Die Energiewende kostet Geld. Soweit es um die stromseitige Förderung der Erneuerbaren geht, wird dieses Geld über die EEG-Umlage eingespielt. Dabei gilt seit jeher, dass jede an Dritte gelieferte Kilowattstunde Strom voll umlagepflichtig ist – aktuell fallen 6,5 Cent EEG-Umlage pro Kilowattstunde an. Wer ausschließlich sich selbst versorgt, muss im Regelfall immer noch 40 Prozent der jeweils geltenden EEG-Umlage berappen. Das kann sich gerade in Windparks schnell zu beträchtlichen Beträgen summieren. „Wieso?“, fragen an dieser Stelle nach wie vor nicht wenige Windparkbetreiber und machen damit ein grundsätzliches Dilemma der Branche deutlich:

Viele Akteure meinen nämlich noch immer, die EEG-Umlageproblematik ginge sie nichts an bzw. sei in ihrem Windpark bereits hinreichend abgebildet. Doch weit gefehlt! Die Praxis zeigt, dass kaum eine Windparkkonstellation von der Thematik EEG-Umlage verschont bleibt und dass die von Gesetzes wegen nötigen Messkonzepte oder auch nur die hierfür zwingend erforderliche Analyse der jeweiligen Versorgungskonstellation in zahlreichen Fällen (noch) nicht vorhanden sind. Das kann sich nun, mit Blick auf das sich nähernde Jahresende, bitter rächen. Denn dann läuft die mittlerweile schon zweimal verlängerte Frist zur Implementierung von gesetzeskonformen Messkonzepten ab. Auch die jüngste Änderung des EEG durch das zum 27.07.2021 in Kraft getretene sogenannte „Reparaturgesetz“ hat an dieser Ausgangslage (leider) nichts geändert. Doch der Reihe nach:

Wer zahlt wieviel EEG-Umlage? Der Teufel steckt im Detail!

Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, dass Stromflüsse innerhalb eines Windparks nicht nur technisch, sondern auch und gerade in rechtlicher Hinsicht vielschichtig sind. In einem ersten Schritt sind dabei Stromlieferungen und Eigenversorgung voneinander zu unterscheiden. Denn während für ersteres stets die volle EEG-Umlage zu entrichten ist, kommen für selbstverbrauchte Strommengen durchaus Privilegien in Betracht. Wer nun also einen Windpark betreibt, in dem sämtliche Windenergieanlagen und auch die Infrastruktur derselben Person gehören, in dem die faktische Belieferung Dritter mit Strom also ausgeschlossen ist, zahlt für den im Windpark verbrauchten Strom im Regelfall lediglich 40 Prozent der jeweils geltenden EEG-Umlage. Stammt die Eigenversorgungskonstellation in einem solchen Fall bereits aus einer Zeit vor dem 01.08.2014, kann die EEG-Umlage für die eigenverbrauchten Strommengen sogar ganz entfallen. Aber Vorsicht: die Rechtsprechung nimmt es an dieser Stelle mit der erforderlichen Personenidentität sehr genau! Sobald mehrere, formal-juristisch zu unterscheidende Personen beteiligt sind, scheidet eine Eigenversorgung aus. Eine solche Konstellation kann in gemischten Windparks schnell vorliegen, wenn sich etwa die Betreiber der Windenergieanlagen im Hinblick auf den Betrieb der gemeinsam genutzten Infrastruktur zusammenschließen und – ob nun als GbR oder GmbH & Co. KG – eine entsprechende Gesellschaft gründen. Allein die Stellung als Gesellschafter führt (noch) nicht zum Vorliegen einer Eigenversorgungskonstellation. Hinzu kommen technisch letztlich unvermeidbare Querlieferungen im Windpark. Auch hier liegen im Regelfall umlagepflichtige Lieferungen vor.

Details zur Frage der Personenidentität können im Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Eigenversorgung nachgelesen werden. An dieser Stelle gilt es zu beachten, dass es sich dabei nicht um allgemeinverbindliche Vorgaben, sondern eher um eine Art Hinweis bzw. Hilfestellung handelt. Eine sorgfältige Analyse der Versorgungskonstellation und der denkbaren Stromflüsse im Windpark ersetzt die Lektüre des Leitfadens nicht. Denn vielfach steckt der Teufel im Detail: So kommt es nicht selten vor, dass etwa ein Mobilfunkanbieter Antennen auf Windenergieanlagen montiert oder das BNK-System als Dienstleistung extern eingekauft ist. Auch bringen Wartungsunternehmen nicht selten eigene stromverbrauchende Gerätschaften mit zum Serviceeinsatz. Und eher selten lassen sich solche Fälle über die Bagatellregelung für geringfügige Verbräuche Dritter lösen.

Messung und Abgrenzung sind das A und O

Hat man diese erste Hürde gemeistert und bestimmen können, ob bzw. in welchen Fällen Eigenversorgung oder Drittbelieferung vorliegt, so geht es im nächsten Schritt darum, die Strommengen mit verschiedenen Umlagesätzen sauber zu erfassen und voneinander abzugrenzen. Das Gesetz verlangt hier grundsätzlich – und im Unterschied zum Steuerrecht – zwingend eine Erfassung mit geeichten Messeinrichtungen, wobei darauf zu achten ist, dass das Messkonzept insbesondere auch die Vorgaben zur Zeitgleichheit abbildet, denn nur nachgewiesenermaßen zeitgleich verbrauchte Strommengen können als umlageprivilegierte Eigenversorgung berücksichtigt werden. Im Regelfall wird man dies – jedenfalls, solange intelligente Messsysteme für die Erneuerbaren noch nicht verfügbar sind – durch die Installation von Zählern mit registrierender Leistungsmessung (RLM) an allen Windenergieanlagen und allen Verbrauchseinrichtungen sicherstellen können. Dies ist freilich teuer und wird nicht selten schnell unwirtschaftlich. Eine weitere Variante, die für die meisten Anlagenbetreiber aber ebenfalls nicht in Betracht kommen dürfte, wäre es, auf die EEG-Umlageprivilegien zu verzichten und für eine unabgegrenzte Strommenge stets den höchsten anwendbaren Umlagesatz, im Zweifel also die volle EEG-Umlage, zu entrichten (sog. umlageerhöhende Zurechnung). Angesichts der nicht unerheblichen Stromverbräuche im Windpark – wohl gemerkt auch Leitungs- und Umspannverluste sind hier zu betrachten – kann dies jedoch ziemlich rasch zu einer EEG-Umlageschuld in beträchtlicher – u. U. bis zu sechsstelliger – Höhe führen. Betreiber gerade komplexer strukturierter Windparks sind deshalb gut beraten, sich frühzeitig um die Aufstellung und Implementierung eines EEG-konformen Messkonzeptes zu kümmern. Rein rechnerisch ermittelte oder lediglich computersimulierte Stromverbräuche dürften dengesetzlichen Anforderungen nicht genügen.

Wer darf schätzen, und wann?

So mancher möchte sich an dieser Stelle mit Blick auf den – nicht selten überflüssig wirkenden und zudem teuren – bürokratischen Aufwand ein Messkonzept sparen und auf die im EEG verankerte Vorschrift zum Schätzen zurückgreifen. Auch an dieser Stelle ist jedoch dringend Vorsicht geboten, denn die Schätzung der EEG-umlageprivilegierten Strommengen ist mit sehr hohen Hürden verbunden, die wohl nur in den wenigsten Fällen überwunden werden können. Sie kommt, sofern dem Anlagenbetreiber nicht schon der Verzicht auf das EEG-Umlageprivileg zugemutet werden kann, letztlich nur dann in Betracht, wenn die erforderliche Abgrenzung technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Angesichts modernster und zwischenzeitlich bereits standardisierter Messtechnik wird eine technische Unmöglichkeit aber nur in wenigen Ausnahmefällen überhaupt in Frage kommen. Und die wirtschaftliche Unzumutbarkeit ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Unter dem 30.07.2021 haben die vier ÜNB in einer gemeinsamen Stellungnahme nun ihr Grundverständnis zur Schätzbefugnis und Rechenbeispiele zur Unzumutbarkeit vorgelegt. Dies dürfte für die Praxis sicher einige Streitfragen lösen. Rechtsverbindlich ist es aber nicht.

Betreiber sollten deshalb nach wie vor den dem EEG zugrunde liegenden Regelsatz „Messen vor Schätzen!“ verinnerlichen und sich auch unter diesem Aspekt hinsichtlich eines EEG-konformen Messkonzepts bei Zeiten Unterstützung suchen. Eine erste Hilfestellung bietet an dieser Stelle der Leitfaden „Messen und Schätzen“ der Bundesnetzagentur aus dem letzten Jahr, der häufige Fragen und gängige Konstellationen beleuchtet, der aber wie schon der Leitfaden zur Eigenversorgung eher als erste Orientierungshilfe, denn als Blaupause für das eigene Messkonzept verstanden werden sollte und eine Detailberatung im Regelfall nicht ersetzt. Zudem sollten schätzwillige Anlagenbetreiber berücksichtigen, dass eine Schätzung regelmäßig zu ihren Ungunsten zu erfolgen hat. Der Gesetzgeber spricht an dieser Stelle bewusst von einem „systematischen Überschätzen“. Die Übertragungsnetzbetreiber haben auch dies aufgenommen und ihr Grundverständnis zum Messen und Schätzen in einem gemeinsamen Papier vom 20.01.2021 veröffentlicht. Demnach ist jeder Schätzschritt mit Unsicherheiten von 5 bis 10 % zu beaufschlagen. Eine solche Vorgehensweise kann schnell teuer und im Ergebnis unwirtschaftlich werden.

Es eilt! Zu Silvester muss das Messkonzept stehen.

Bei der Erarbeitung und Umsetzung des Messkonzepts ist dabei durchaus Eile geboten, denn für die Vergangenheit darf, sofern ein gesetzeskonformes Messkonzept bislang nicht vorgelegen hat und deshalb eine saubere Strommengenabgrenzung bislang nicht erfolgt ist, unter erleichterten Voraussetzungen geschätzt werden. Dies allerdings nur unter der Bedingung, dass ab dem 01.01.2022 die mit unterschiedlicher Umlage belasteten Stromverbräuche EEG-konform erfasst und voneinander abgegrenzt werden. Das konkrete Messkonzept ist dem zuständigen Netzbetreiber im Rahmen der nächsten Jahresabrechnung (also zum 28.02. bzw. zum 31.05.), auf dessen Wunsch mit Wirtschaftsprüfertestat, nachzuweisen. Anlagenbetreiber, die bei sich Handlungsbedarf erkannt haben, sollten deshalb schnell mit der Arbeit beginnen. Die zum Schätzen für die Vergangenheit berechtigende Übergangsfrist ist nämlich bereits zweifach verlängert worden. Angesichts unsicherer Mehrheiten nach der Bundestagswahl sollte nicht darauf spekuliert werden, dass der Gesetzgeber die Umsetzungsfristen ein weiteres Mal verlängert. Ebenso steht in den Sternen, ob bzw. wann die EEG-Umlage – wie aus den unterschiedlichsten politischen Lagern immer wieder zu vernehmen – gänzlich abgeschafft wird. Derzeit sind konkrete Gesetzesinitiativen in diese Richtung jedenfalls nicht greifbar. Wer seine EEG-Umlageprivilegien nicht riskieren möchte, sollte daher schleunigst handeln. Denn Folge einer unterbliebenen, fehlerhaften oder nicht mehr heilbaren Messung ist, dass sämtliche Strommengen mit der vollen EEG-Umlage belastet werden.

Dieser Text wurde erstmalig im BetreiberBrief 03/2021 veröffentlicht.


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