Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen müssen auch die Auswirkungen auf Mensch und Tier beachtet werden. Um die Genehmigungsfähigkeit sicherzustellen und diese Auswirkungen zu minimieren, sind zeitliche Betriebsbeschränkungen ein gängiges Mittel. Konkret bedeutet das, dass den Anlagenbetreibern vorgeschrieben wird, zu bestimmten Zeiten oder Anlässen die Anlagen vollständig abzuschalten oder den Betrieb zu drosseln. In der Praxis sind solche sogenannten Abschaltauflagen keine Seltenheit. Ein Forschungsteam der Stiftung Umweltenergierecht hat nun in seiner neusten Würzburger Studie zum Umweltenergierecht Nr. 36, „Betriebsbeschränkende Nebenbestimmungen bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“, erstmals untersucht, wie viele Windenergieanlagen in Deutschland zwischen 2014 und 2019 tatsächlich betroffen sind. Das Ergebnis bestätigt den Eindruck aus der Praxis: Fast jede Windenergieanlage in Deutschland aus diesem Zeitraum ist von Abschaltauflagen betroffen.

 

94 Prozent aller Windenergieanlagen betroffen

Insgesamt hat das Forschungsteam, bestehend aus Erik Dietrich, Dr. Maximilian Schmitt, Abetare Jashari und Dr. Nils Wegner, die Genehmigungen für 1607 Windenergieanlagen mit 4777,5 MW installierter Leistung ausgewertet: 94 Prozent aller erfassten Windenergieanlagen waren dabei von Abschaltauflagen betroffen. Ein zentraler Faktor sind dabei artenschutzbedingte Auflagen. Diese betrafen rund 75 Prozent der Anlagen. Überwiegend diente dies dem Schutz von Fledermäusen (71 Prozent), bei lediglich 33 Prozent der Anlagen dem Schutz von Vögeln, wobei sich hiervon rund die Hälfte auf den Schutz von Rotmilanen bezieht (17 Prozent). Weitere Gründe für Abschaltauflagen waren die Begrenzung von Schattenwurf (68 Prozent), Eiswurf (53 Prozent), Lärm (39 Prozent) und Turbulenzwirkungen (9 Prozent). Beschränkungen zum Schutz bedrohter Vogel- und Fledermausarten sowie vor Lärm und Turbulenzwirkungen nahmen im betrachteten Zeitraum tendenziell zu. Nur für Beschränkungen gegen Eiswurf konnte ein Rückgang festgestellt werden. Das Team vermutet hier technische Anpassungen. Insgesamt konnte bei den Abschaltauflagen ein Anstieg von Nord nach Süd beobachtet werden.

 

Weitere Untersuchungen empfohlen

Das Forschungsteam stellt in der Studie klar, dass durch die Untersuchung nicht abgeleitet werden kann, welche Mengen an Windenergie durch die Abschaltauflagen verloren gehen.

„Anhand der großen Zahl an Beschränkungen für Windenergieanlagen wäre eine tiefergehende Untersuchung auf der Grundlage von Betreiberdaten als nächster Schritt nötig“,

erklärt Dr. Nils Wegner. Zumal das Team prognostiziert, dass die Zahl an Abschaltauflagen in Zukunft zunehmen wird.

„Aufgrund der nötigen Ausbauziele der Windenergie werden künftig auch vermehrt Anlagen an Standorten realisiert werden, die konfliktreicher sind. Daher müssen wir mit einer Zunahme an Abschaltauflagen rechnen, sofern nicht technische Lösungen gefunden werden“,

erklärt Nils Wegner. Das Forschungsteam zieht dabei die Berechtigung von Abschaltauflagen nicht in Zweifel:

„Durch die Abschaltauflagen sind viele Windenergieanlagen in konfliktreichen Gebieten überhaupt erst möglich. Aber: Je größer die Strommengen sind, die über solche Betriebsbeschränkungen verloren gehen, umso mehr Leistung muss durch weitere Anlagen zugebaut werden. Damit der Gesetzgeber effektiv handeln kann, braucht es daher eine noch tiefergehende Analyse, um die Frage zu klären, ob durch Abschaltauflagen eine zu große Menge an erneuerbarer Energie verloren geht und ob hier Handlungsbedarf besteht.“

Zur Würzburger Studie „Betriebsbeschränkende Nebenbestimmungen bei der Genehmigung von Windenergieanlagen“

Quelle: Stiftung Umweltenergierecht

 


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